Dokumentverantwortliche: Christian Fuchsberger, Clemens Egger, Simon Hillebrand, Andreas Trenkwalder, Johannes Troi

fit 2001> Gruppenthema > Auswirkungen

Überblick


Weiterführende Informationen


Ökonomische Auswirkungen

Neue technologische Entwicklungen und das Internet setzen die Musikwirtschaft unter Druck. Die massenhafte Vervielfältigung von Musiktiteln über das Internet sowie selbstgebrannte CDs kosten Absatz und Ertrag.

So zeigt eine in Amerika durchgeführte Studie (www.pewinternet.org), dass der Download von MP3-Dateien im letzten Halbjahr der Internetbereich mit dem höchstem Wachstum ist. Zwischen August 2000 und Februar 2001 haben mehr als 37 Millionen Amerikaner Musik auf diese Weise bezogen.

Laut der Studie gaben 29% der erwachsenen Internetuser an, Musik aus dem Internet downgeladet zu haben; im Juli 2000 waren es noch 22%. Mehr als die Hälfte der Netzbenutzer zwischen 18 und 29 haben sich Musik aus dem Internet kopiert. 15% der über 50-jährigen Internet-User gaben an, sich digitale Musik aus dem Internet beschafft zu haben - ein Zuwachs von 6%.

Diese Daten bestätigen, dass sich der Musikdownload nicht nur auf Jugendliche beschränkt.

Die wahrscheinlich bekannteste Musiktauschbörse ist Napster (www.napster.com). Obwohl Napster in naher Zukunft kostenpflichtig werden wird, steigen die Nutzungszahlen beständig an. Napster weist im April 2001 mehr als 72 Millionen Nutzer auf.

Einer Untersuchung zufolge lag die Gesamtzahl der im Monat November 2000 über Napster getauschten Songs bei 1,76 Milliarden. Im Zeitraum vom September bis Dezember 2000 wurden insgesamt 5 Milliarden Titel getauscht. Geht man von durchschnittlich 12 Titeln pro CD aus, entspräche diese Zahl rund 416,6 Millionen CDs!!!

Dass diese Tatsachen ökonomische Auswirkungen auf die Musikindustrie haben, ist offensichtlich. Der vorliegende Text soll diese kurz aufzeigen und analysieren.


Umsatzrückgang

Laut einigen Internetquellen (z.B. Bundesverband der deutschen Phonoindustrie, www.ifpi.de) sind in Deutschland über 800 Tonträgerhersteller ansässig mit ca. 13.000 Beschäftigten. Hinzu kommen 26.000 Arbeitsplätze im Einzelhandel bei ca. 8.000 Geschäften. Ca. 100.000 Komponisten, Textdichter und ausübende Künstler verdienen mit der Musik ihren Lebensunterhalt. Des weiteren gibt es noch rund 10.000 Stellen in Musikverlagen, Tonstudios der anderen Firmen, die ganz oder teilweise von der Musikindustrie abhängig sind. Die deutsche Musikwirtschaft - mit einem Umsatz von jährlich 6 Mrd. DM - ist innerhalb der Kulturindustrie der wirtschaftlich wichtigste Bereich.

Bislang hielten sich die Einbußen der Branche trotz des Internets in Grenzen. Im Jahr 2000 gingen 262 Millionen Tonträger über den Ladentisch; 3,8 % weniger als im Jahr davor. Der Umsatz der deutschen Phonoindustrie ging um 2,2 % auf 4,78 Milliarden DM zurück. "Angesichts der Flutwelle von Internet-Piraterie und der ausufernden privaten Vervielfältigung mit CD-Brennern ist das Umsatzergebnis des vergangenen Jahres als Erfolg zu werten", sagt der Präsident von Universal Music Deutschland (http://de.music.yahoo.com).

Die Umsatzeinbußen durch sogenannte Schulhof-Piraterie - den Verkauf selbst gebrannter CDs - und über Onlinepiraterie beträgt etliche Millionen Schilling. Auf die 262 Millionen verkauften bespielten CDs kommen in Deutschland zusätzlich 210 Millionen leere Datenträger (http://de.music.yahoo.com). Besonders die intensiven Musiknutzer nutzen zunehmend das Internet und MP3's.


Auswirkungen auf Musiker

Die Digitalisierung schafft neue Bedingungen für die Künstler-Fan-Beziehung.

Ob die neuesten Entwicklungen für die Künstler ein Vor- oder Nachteil darstellen, lässt sich nicht einfach beantworten. Auf der einen Seite werden Musiker durch kostenlose Downloads um ihre Einnahmen gebracht. Andererseits wird man durch derartige Download-Angebote erst auf bestimmte Bands aufmerksam und kauft sich, wenn einem die Musik gefällt, in Folge das Album.

Musiker, die bereits bekannt sind und ihre Musik zum einfachen Herunterladen ins Netz stellen, haben die Möglichkeit den Vertragszwängen mit den großen Plattenfirmen zu entkommen und den Großteil des Gewinns für sich allein abzuschöpfen.

Aber auch noch nicht bekannte Musiker bedienen sich der neuen technologischen Möglichkeiten. So hat die Internet-Firma MP3.com (www.mp3.com) bereits 10.000 Künstler unter Vertrag, die ihre Originalwerke auf der Firmenhomepage platzieren und im Fall einer CD-Bestellung 50 % des Preises verdienen.

Noch sind Firmen wie MP3.com nicht in der Gewinnzone und noch kein Musiker kann von den Einnahmen aus dem Internetverkauf sein Leben bestreiten, aber die Zahl der heruntergeladenen Musikstücke steigt überproportional und die Zahl von CD-Bestellungen gibt ihnen Hoffnung.


Auswirkungen auf Plattenfirmen

Es ist aus heutiger Sicht nicht leicht abzuschätzen, wie erfolgreich die großen Plattenfirmen die neuen Herausforderungen meistern können. Die Realität wird sich wahrscheinlich irgendwo zwischen folgenden Extremfällen bewegen (www.mica.at):

  • Vollständige Marktkontrolle von den großen Plattenfirmen
    Den Majors gelingt es die Distribution von Musik über das Internet in ihre Hand zu bekommen. Auf diese Weise können sie wieder eine Vermittlerrolle einnehmen, d.h. die Künstler werden davon abgehalten eigeninitiativ ihre Werke im Internet zu platzieren.
  • Das Ende der großen Plattenfirmen
    MP3 setzt sich als Industriestandard durch. Die Majors sind nicht mehr in der Lage ihre Umsatzanteile zu stabilisieren und müssen das Feld räumen. Das Internet liegt außerhalb der Kontrolle der Majors und lässt ein Copyright nicht mehr effektiv durchsetzen.
    Dadurch können auch Eintrittsbarrieren in den Musikmarkt abgebaut werden und die Preise für Musik werden sinken. Das ermöglicht wesentlich mehr Musikern sich einem größeren Publikum zu präsentieren.
    Das Musikangebot wird dadurch steigen und noch vielfältiger werden. In diesem Szenario müssen die Majors vielen kleinen und mittleren Musikanbietern weichen, die ihre Musik direkt und über das Internet vermarkten.

Beide Szenarien sind mehr oder weniger plausibel. Sie stellen aber nur die Extreme der Entwicklung ab. Sicher scheint nur, dass die Musikindustrie in 5 Jahren völlig anders aussehen wird als heute.


CD-Kopien

Die Musikindustrie leidet immer stärker unter den Kopien auf privaten CD-Brennern und der Onlinepiraterie im Internet. Für den Rückgang gibt es inzwischen nachweislich vor allem einen Grund - eine enorme Steigerung der Kopien von Musik auf CD-Recordables (CDRs). Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass in Großbritannien der Umsatz mit CDs um ca. 5 % zulegte und es in diesem Land keine erlaubte Privatkopie und deshalb kaum Werbung für CD-Brenner und Rohlinge gibt.

Nach Angaben der Musikindustrie wurden im vergangenen Jahr 262 Millionen bespielte Tonträger verkauft. Dem stand ein Absatz von 210 Millionen unbespielten CDs gegenüber. Zudem ist in den letzten Jahren der Preis der Rohlinge zum Brennen von eigenen CDs massiv gesunken. Gleichzeitig fiel auch der Preis der CD-Recorder.

Eine unabhängige Marktforschungsgesellschaft untersuchte die Verwendung von CD-Rs. Das Ergebnis war folgendes (www.mebis.com):

  • ca. 10% der CDRs wurden nach Angaben der Befragten legal zur Datensicherung und Datentransport verwendet
  • jeweils ca. 30 % der CDRs wurden für Kopien von Musik-CDs, Computerspielen und Nutzsoftware verwendet

Mit anderen Worten: Im letzten Jahr wurden ca. 70 Millionen CDRs illegal zum Kopieren von Audio-CDs verwendet.

Obwohl häufig die Auffassung vertreten wird, dass vor allem die populärsten CDs mit CDRs raubkopiert werden, kann man davon ausgehen, dass auch die weniger populären Musikrichtungen wie Jazz und Country stark betroffen sind. Hier ist der Grund allerdings nicht die enorme Popularität, sondern die Situation im Musik-Handel, wo solche CDs oft kaum zu finden sind. Wenn man also eine Jazz CD bei Freunden entdeckt, dann ist die Versuchung groß, diese CD lieber zu kopieren, bevor man durch mehrere Läden zieht, um sie vielleicht käuflich zu erhalten.

Rückblick: Audio-Kassette und Musikindustrie

In vielen Gesprächen ist zu hören, dass die Musikbranche ja vor 20 Jahren durch die bespielbare Audio-Kassette auch nicht pleite gegangen sei.

Die Situation der Musiker Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre war von den immer billiger werdenden Leerkassetten enorm betroffen. Für die Musikbranche hatte das massive, lebensbedrohliche Auswirkungen, die aber durch die neue Technik der Audio-CD bekämpft werden konnten. Da die CD deutlich besser klingt als eine Kopie auf Leerkassetten und die Musikfirmen diesen Vorteil zusammen mit den Hardwareherstellern deutlich machten, konnte sie sich als Medium durchsetzen.

Da aber die Kopie einer Vinylscheibe auf Kassette praktisch kaum schlechter klang als die alte Vinylscheibe selbst, war der Tod der alten Schallplatte eine der Folgen der Leerkassette. Ohne diese Gefährdung hätten sich die Musikindustrie und die Einzelhändler wahrscheinlich nicht bereit erklärt, ein neues Format so massiv zu unterstützen, wie es bei der CD geschah.

Nun wird die Musikbranche abermals bedroht. Diesmal werden stellen aber nicht die Leerkassetten sondern die CDRs das Problem dar.

CDR und die Zukunft

Mit der Entwicklung der DVD-Recordable ist zu erwarten, dass sich die Probleme für die Filmbranche genau so verstärken werden, wie es bei der Musikindustrie schon geschehen ist.

Laut einigen pessimistischen Quellen ist bei Musik ohne eine schnelle Regelung mit einem Zusammenbruch der meisten Firmen und mit einer Halbierung der Zahl der Neuerscheinungen innerhalb von 2 Jahren zu rechnen.


MP3

Heute nutzen die meisten MP3s nur als Ergänzung zu ihrer regulären Plattensammlung. Man kann aber davon ausgehen, dass die Plattenindustrie wie sie heute existiert bereits in wenigen Jahren überflüssig sein könnte. Sind erst einmal entsprechende Bandbreiten realisiert, sodass Downloads innerhalb kürzester Zeit erfolgen können und CD-Brenner in jedem Rechner eingebaut und MP3-Player weit genug verbreitet, könnte der gute alte Tonträger im herkömmlichen Sinne ausgedient haben.

Die Hauptangst der Plattenfirmen liegt vielmehr darin begründet, dass sie durch das Internet ihre Existenzberechtigung verlieren könnten. Die Webpräsenzen der Majors sind bisher zumeist eher unscheinbar, wirkliche digitale Angebote existieren kaum, und wenn doch, sind sie realitätsfern.

Kleinere Kompanies wie MP3.com (www.mp3.com) oder Napster (www.napster.com) ist es gelungen, mit geringem Aufwand unzählige User zu erreichen und Musikern eine kostenlose Auftrittsmöglichkeit zu bieten.

Ganz unproblematisch ist diese Entwicklung aber auch für uns Musikfans nicht: Wer auf einer Seite wie MP3.com nach neuen, guten Bands Ausschau hält, sucht die Nadel im Heuhaufen. Bei über tausenden Songs kann niemand mehr den Überblick behalten. Die Folge ist, dass Songs, die in den MP3-Downloadcharts auf höheren Plätzen gelandet sind, immer wieder heruntergeladen werden, weil User durch die Platzierung auf vermeintliche Qualität schließen.

Irgend jemand muss also die Spreu vom Weizen trennen und hier sind wieder Plattenfirmen im weitesten Sinne gefragt, die je nach Interessen des Kunden Musik filtern. Eben diese Firmen werden aber logischerweise nur dann tätig, wenn sie bezahlt werden.


Ausblick

Fachleute gehen von einer heftigen Marketingschlacht aus. Die beiden weltgrößten Musikfirmen Universal Music Group und Sony Music Entertainment planen mit dem Gemeinschaftsprojekt "Duet" für den Sommer einen gebührenpflichtigen Online-Musikservice.

Warner Music, Bertelsmann Music Group (BMG) und EMI starteten eine Gegenoffensive mit der Online-Plattform "MusicNet". Durch die Allianz kann Bertelsmann nun auch Lizenzen für die Musiktitel aller drei Plattenfirmen an den Partner Napster übertragen.

Egal welcher Online-Plattform sich der Musikliebhaber zuwendet, um das Bezahlen kommt er bei den Angeboten nicht herum.

Experten sind zudem der Überzeugung, dass das Handy der Walkman der Zukunft sein wird. Der Kunde werde sich zum Beispiel bei Napster ein eigenes Musikarchiv anlegen und die Lieder dann über verschiedene Geräte abrufen können. Der Besitz an festen Datenträgern wie CD oder Schallplatte könnte dann im Prinzip überflüssig werden. Wir werden sehen...


Soziale Auswirkungen - Einflüsse des Digitalen Audio auf die Beziehung Mensch-Musik

Digitales Audio treibt eine Entwicklung auf die Spitze, die mit der ersten Konservierung von Musik auf einem Tonträger begonnen hat: Inflation. Inflation nicht im wirtschaftlichen Sinn, sondern im Sinne der Wertschätzung von Musik. Seit der Schallplatte kommen nicht mehr die Menschen zur Musik, sondern die Musik zu den Menschen. Musik ist abrufbereit, jederzeit. Nicht genug: Während man sich bei der Schallplatte noch über störendes Grundrauschen und Knacksen ärgern musste, erlebt man heute mit der CD rauschfreien, qualitativ hochwertigen Klang.

Das ganze Orchester im eigenen Wohnzimmer,

so lautet die Devise - klingt sehr verlockend. Der Nachfolger der CD, die Audio-DVD wird diesen Wunsch zu erfüllen versuchen. Superhochauflösender Ton, viele Kanäle, einfache Handhabung...

Die Frage ist jedoch, machen diese technischen Erneuerungen die Musik für uns wertvoller?

Ich möchte, nun an diesem Punkt angelangt, zur Verdeutlichung der Problematik eine persönliche Erfahrung schildern: ob ich ein und dasselbe Musikstück im Radio höre oder ob ich es als MP3-Datei auf dem Computer abspiele, hat für mich ganz unterschiedlichen Charakter, ich freue mich viel mehr darüber, im Radio eines meiner Lieblingsstücke aufzuschnappen, als wenn ich es auf Befehl abrufen kann. Eine weitere persönliche Erfahrung möchte ich einbringen: Solange ich ein Musikstück nicht zu meiner Sammlung zählen kann, solange es nicht jederzeit von mir abrufbereit ist, hat es für mich einen höheren Wert und ich höre aufmerksamer hin, wenn es irgendwo gespielt wird.

Folge ich diesen meinen Erfahrungen, scheint mir diese Entwicklung, die danach strebt, den vollkommenen Musikgenuss ins Wohnzimmer zu verlagern, paradoxer Weise gegen den Wert der Musik gerichtet. Hinter alle dem steckt der Wunsch, zu allem und zu jeder Zeit, möglichst einfach und praktisch Zugang zu erlangen. Musik wird so zum immer abrufbaren Begleiter, zum Hintergrundgeräusch, dem man keine besondere Aufmerksamkeit schenkt, denn "was nichts kostet ist auch nicht viel wert". Die Musik verliert ihren Zauber, je gewöhnlicher sie wird, desto mehr entfernt sie sich von ihrem Thron.


Verweise auf Arbeiten anderer Gruppen


>Entstehung | Ausbreitung | Verlierer | Vergleich | Sicherheit | Veränderung | Auswirkungen | Interaktiv | Zukunft